Blog

Texte und Kommentare aus unserer anwaltlichen Praxis

Deutsche Anwaltschaft in der Schockstarre ?

 Das Desaster im beA wird immer deutlicher. Dieses System ist nicht zu halten. Nur scheint niemand den Mut zu haben, darüber auch offen zu sprechen!

 Wenn der aktive und passive Nutzungszwang tatsächlich am 01.01.2022 in Kraft treten soll, werden viele 1000 Anwälte, besonders die erfahrenen und im besten Sinn „altgedienten“ ihre Zulassungen zurückgeben, weil sie sich nicht dem Diktat eines niemals funktionierenden Systems unterwerfen wollen.

 Noch könnte man dem ganzen „Wahnsinn“ Einhalt gebieten. Noch könnten besonders auch die Rechtsanwaltskammern darauf hinweisen, dass das beA nie richtig funktionieren wird und gängige Kommunikationsmittel für den Rechtsverkehr erhalten bleiben müssen.

 Ein weiteres Problem, mit denen besonders Anwaltskanzleien „gequält“ werden, ist der neue Datenschutz. Mir ist es als Rechtsanwalt untersagt, mit der Mandantschaft per E-Mail zu korrespondieren, es sei denn, dass ich meine Nachrichten verschlüssele. Dies setzt aber voraus, dass sich auf der Seite des Mandanten diese Nachrichten auch entschlüsseln lassen, worauf ich nur in seltenen Fällen Einfluss habe. Auch bei der Verwendung des Telefax habe ich Probleme, weil ich vom Empfänger verlangen muss, dass er mir zuvor in einer Erklärung mitgeteilt hat, dass Dritte keinen Zugang zu diesem Telefax hätten. Der „Irrsinn“, mit den in ständig persönlicher Verwahrung zu haltenden Signaturkarten, die ich auch den engsten Mitarbeitern vorenthalten muss, zeigt, wie sehr Anwälte an die Leine gelegt und in ein System eingegliedert werden, dass die Ausübung eines der letzten FREIEN Berufe, nicht hinnehmbar,  einschränkt.

 Warum wehrt sich die Anwaltschaft hiergegen nicht mit aller Vehemenz? Ich habe den Eindruck, dass die meisten meiner Kollegen regelrecht in einer „Schockstarre“ verharren, statt sich zu wehren. Dabei sind wir es, die mehr als 98 % der Rechtskultur in Deutschland täglich gestalten und bearbeiten und endlich bereit sein müssen, unseren Einfluss auf die Gesetzgeber in Deutschland so auszuüben, dass unser Beruf nicht zu einem „Hort der Unfreiheit“ verkommt.

 Wenn schon der Gesetzgeber nicht in der Lage ist, Rechtssicherheit in unserem Staat zu schaffen, müsste die Anwaltschaft, mit mehr Selbstbewusstsein als bisher, ggf. auf die Barrikaden gehen!

 

Ortwin Lowack

 05. März 2019

 

Weitere Artikel