Man muss den Eindruck haben, dass sich unser Staat von innen her aufzulösen beginnt. Man trifft vielmehr auf Desinteresse an der Aufrechterhaltung eines Mindestmaßes an staatlicher Ordnung, bei einem Teil unserer Behörden, leider auch bei unseren Gerichten und den zwischenzeitlich zahllosen Institutionen, denen staatliche Macht übertragen wurde und die, so hat man den Eindruck, kaum noch irgendeiner Kontrolle unterworfen sind.
Man fragt sich, was eigentlich ein Behördenleiter noch wirklich zu tun hat, abgesehen davon, dass er sich bei Beschwerden gegen die Tätigkeit seines Amtes oft genug hinter den Mitarbeitern „versteckt“, bzw. deren Verhalten zu entschuldigen versucht.
Auf der Strecke bleibt, der Arbeitgeber in seiner Verantwortung gegenüber staatlichen Gesetzen und Verordnungen, die in der Zwischenzeit, aufgrund der Vielfalt und Unübersichtlichkeit, gar nicht mehr vollzogen werden können, sodass zwischenzeitlich die staatliche „Organisation“ regelrecht zu schwimmen beginnt und durch die Unklarheit der unzähligen Vorschriften, die Übersicht verloren geht, soweit sie nicht längst verloren ist.
Ein Beispiel ist die Abrechnung des Arbeitgebers mit den Ansprüchen eines Arbeitnehmers aus der Sozialversicherung und die richtige Anmeldung der Ansprüche der Sozialversicherungsträger bei diesen, für die es ja strenge Terminsvorgaben gibt – und deren Nichteinhaltung sofort zu Mahnungen mit Strafmaßnahmen führt.
Wer einmal als Arbeitgeber, auch wenn er nur eine einzige Arbeitskraft beschäftigt, mit der Abrechnung der Sozialversicherungsabgaben und Steuern zu tun hat, weiß, dass anscheinend in diesem Land alles unsicher geworden ist, verwendete Programme in die Irre führen, auch wenn sie der Empfehlung eines Sozialversicherungsträgers entsprechen sollen. So haben die Sozialversicherungsträger oft Mitarbeiter, die möglicherweise eine Ahnung von neuen gesetzlichen Regelungen haben (bei mir wurde öfters von ihnen nachgefragt!). Diese Kräfte sind aber völlig überfordert und können oft definitiv keine Antwort darauf geben, was denn nun im Einzelnen für den Arbeitnehmer zu überweisen ist. Fatal ist es oft, wenn man sich als Arbeitgeber bei den Abrechnungen auf sog. aktuelle Programme verlässt, die teilweise manuell „ergänzt“ werden müssen, bzw. verspätet aktuelle Prozentsätze und Vorgaben in das Programm integrieren. Auch sind mittlerweile die meisten Lohnprogramme – meiner Meinung nach bewusst - so kompliziert konzipiert, dass man IT-Experte sein muss, um einfachste Aufgaben lösen zu können. Als Alternative kann man eine Hotline kontaktieren, die sich bei nicht lösbaren Problemen im Notfall „aufschaltet“: allerdings nur für weitere hohe Gebühren!
Mein Vorschlag lautet daher:
Die Festsetzung der Sozialversicherungsbeiträge ist in Zukunft Aufgabe der Sozialversicherungsträger, die dem Sozialversicherungs- und Steuerpflichtigen exakt mitteilen, was er – für was – zu bezahlen hat.
Natürlich muss es auch in Zukunft dem Arbeitgeber obliegen, die Feststellung darüber zu treffen, welche Löhne (Bruttolöhne) er zu zahlen bereit ist. Die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge muss dagegen Aufgabe der Institution sein, die die Beiträge anfordert und im Zweifel die Zahlungspflichtigen mit Strafandrohung überzieht.
Alles andere halte ich nicht mehr für rechtsstaatlich.
Ortwin Lowack
Rechtsanwalt
- Januar 2025